
Ein Auftritt ohne
Netz und doppelten Boden
TG Würzburg zeigt beim 28:16 gegen den TV
Etwashausen eine meisterliche Leistung
WÜRZBURG · Das Spitzenspiel endete in einem Debakel:
28:16 (13:5) hat der TV Etwashausen am Samstag bei Verfolger TG Würzburg
verloren.
¤ VON EIKE LENZ
Die Abendvorstellung des Zirkus Markel war
beendet - die Künstler verneigten
sich vor dem Publikum, die Arena tobte: bezaubernde Magier, behende Akrobaten,
wirbelnde Artisten - 400 Zuschauer in der Würzburger "Feggrube" ließen
sich hinreißen von der puren Lust ihres Starensembles an Kampf und
Spiel. Das 28:16 (13:5) der TG Würzburg gegen den vormaligen Tabellenführer
TV Etwashausen war eine Darbietung ohne Netz und doppelten Boden, wie TGW-Coach
Horia Markel später versicherte. "Da war
kein Trick dabei", meinte er auf entsprechende Nachfragen. "Alles eine
Sache der Einstellung."
Während beim 26:27 im Hinspiel mancher im Würzburger Team
nur das eigene Ego pflegte, stellten diesmal alle ihre Leistung in den
Dienst der Mannschaft. Die TGW hatte an diesem Tag keinen Schwachpunkt,
nicht einmal die oft gescholtene, da zu offene Abwehr, bot dem Gegner Angriffspunkte.
"Wir haben die Abwehr trainiert", klärte Markel nachher auf und belehrte
damit Kritiker wie den ehemaligen TVE-Vorsitzenden Erwin Müller, der
kurz vorher noch einer "ganz, ganz schwachen" TGW-Abwehrreihe das Wort
geredet hatte: "Scheinbar trainieren die brutal auf Angriff."
Der Schein trog, denn die Würzburger zeigten, daß sie auch
hinten konzentriert spielen können, so es denn geboten ist. TVE-Trainer
Ingo Preun sah die mangelnde Chancenverwertung als Grund allen Übels.
Zwölf Fehlwürfe fabrizierten seine Jungs in der ersten Hälfte,
aber war es "mehr Unvermögen", wie Preun erkannt haben wollte - oder
nicht eher "Angst", wie Markel feststellte. Angesichts der kläglichen
Versuche vor der Pause ist man geneigt, von Torschußpanik zu sprechen.
Preun, Wolfgang Hanft, Thorsten Kuhnen und Thomas Hanft scheiterten Aug'
in Aug' mit dem vorzüglichen Torwart Armin Bausewein, hinzu kam ein
vergebener Siebenmeter durch Frank Müller, der das 7:4 bedeutet hätte.
"Die zweite Welle hat uns in der ersten Halbzeit erschlagen", meinte
Preun. So kann man es auch sehen. Verängstigt ließen die Etwashäuser
die ersten 30 Minuten an sich vorüber- und die TGW auf 13:5 davonziehen.
Ingo Preun versuchte noch vor dem Pausenpfiff zu korrigieren, er rief die
Seinen nach 13 Minuten und 7:2 Toren zur Auszeit, besetzte Positionen neu,
wechselte sich mit Wolfgang Hanft als Spielmacher ab. Aber auch die sonst
so zuverlässige Abwehr versagte an diesem Abend ihre Dienste und Torwart
Christian Motscha fing kaum einen Ball. So durften die Gastgeber unbeschwert
aufspielen, ihr Publikum begeistern und Handball zelebrieren. Kurz vor
der Halbzeit schaffte Markus Hüller per Kempa das fast schon entscheidende
13:5.
Mit der festen Absicht, das schier Unmögliche doch noch möglich
zu machen, zumindest ein Remis mitzunehmen, gingen die Etwashäuser
in des Treffens zweiten Teil. "Wir haben versucht, alles zu geben", erklärte
Preun - leider war das nicht genug. Zwar gelang mit zwei Mann in Unterzahl
das 14:7, und als die Würzburger beim Stande von 16:10 einen Siebenmeter
vergeigten und die Etwashäuser im Gegenzug auf 16:11 verkürzten,
keimte in der Tat noch einmal Hoffnung. Aber immer wenn der TVE einen Treffer
aufgeholt hatte, zog die TGW umgehend nach. Die Außen fanden kaum
Bindung zum Spiel, und der wiedergenesene Christian Rau war von seiner
Bestform meilenweit entfernt. So erreichte das vorgebliche Spitzenspiel
längst nicht das hohe Niveau der Hinrunden-Partie, weil zu einem guten
Spiel eben zwei gute Mannschaften gehören - der TVE aber hatte,
wie Markel es vornehm ausdrückte, einen "schlechten Tag" erwischt.
Beim 20:15 (50.) durften die zahlreichen TVE-Fans letztmals hoffen,
bevor zwei schnelle Tore der Würzburger den Untergang einleiteten.
Mit dem 22:16 schaffte der TVE in der 52. Minute den letzten Treffer. Die
Würzburger erhöhten auf 28:16 und den Sieg zum Triumph. Zwei
Spieltage vor Saisonschluß hat sich Horia Markels Mannschaft dadurch
auch einen psychologischen Vorteil verschafft. Einen Punkt mehr bilanziert
das Klassement. Der TVE muß nicht nur seine beiden Spiele gegen Unterdürrbach
und in Ochsenfurt gewinnen, sondern auch auf einen Fehltritt des Konkurrenten
warten. Besteht die TGW die Bewährungsproben gegen Höchberg und
Marktsteft siegreich, ist ihr der Titel nicht mehr zu nehmen. Markel sagt,
"gegen uns spielt jede Mannschaft um 150 Prozent besser" - nicht immer,
wie am Samstagabend festzustellen war.
TG Würzburg: Armin Bausewein, Björn Brembs; Stefan
Lochner (6/2), Christian Werner (4), Markus Hüller (9/2), Thomas Schäflein,
Kai Fischer, Christian Gold (3), Christian Schulz, Stefan Hüller (4),
Bernd Grammel (2). TV Etwashausen: Wolfgang Lips, Christian Motscha;
Bernhard Wurdinger (2), Thomas Hanft (3), Eberhard Bach, Frank Sauer (2),
Achim Krämer, Ingo Preun (3), Thorsten Kuhnen (1), Wolfgang Hanft
(4), Christian Rau (1/1). Schiedsrichter: Güßregen/Schäfer
(DJK Würzburg/Ahorn). Zeitstrafen: 2 x S. Hüller, Werner
- 2 x Rau, 2 x Preun, W. Hanft, Müller. Zuschauer: 400 (geschätzt).
Spielfilm: 3:2 (6.), 7:2 (13.), 11:3 (24.), 13:5 (Halbzeit) - 14:7
(33.), 16:11 (41.), 20:15 (50.), 28:16 (59.). |